# Thronende Maria mit dem Kind und den beiden Johannes "Bardi-Altar"
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Inventarnummer: 106
Beschreibung
Das Kompositionsschema der Thronenden Maria mit Kind und Heiligen in einem einheitlichen, quadratischen Gemälde entwickelte sich während der Renaissance zu einem sehr populären Sujet und erhielt später die Bezeichnung »Sacra conversazione « (heilige Unterredung). Es handelt sich um eine florentinische Invention, mit der Fra Angelico Mitte der 1430er-Jahre den Versuch unternahm, die traditionellenTypologie des Polyptychons zu erneuern. Schon bald gehörte sie in der toskanischen Region zu den gängigen Altarmotiven. Die Altartafel für die Grabkapelle des Florentiner Kaufmanns Giovanni d’Angelo de’ Bardi (1433–88) bildet hier keine Ausnahme.
Giovanni de’ Bardi stammte aus einer Florentiner Patrizierfamilie und war in London zu Reichtum gelangt, wo er vor allem für die Medici-Bank tätig war. In den frühen 1480er-Jahren kehrte er in seine Heimatstadt zurück, um dort
seine letzten Lebensjahre zu verbringen. Verständlicherweise wandte er sich bei seiner Suche nach einem Künstler für die Ausstattung seiner Grabkapelle an die befreundeten Medici; diese sollte in der erst kurz zuvor nach Plänen von Filippo Brunelleschi fertiggestellten Pfarrkirche S. Spirito entstehen. Als Architekt wählte er Giuliano da Sangallo, der zur gleichen Zeit mit dem Bau der Medici-Villa in Poggio a Caiano begann.
Der geschnitzte Originalrahmen ist verschollen, wies aber vermutlich einen kunstvoll antikisierenden Stil mit ähnlichen Dekorationen wie der Sockel des Marienthrons auf. Mit dem Gemälde wurde Sandro Botticelli beauftragt. Dieser hatte gerade erst mehrere Meisterwerke für die Medici vollendet, darunter die Primavera (Frühling) und die Geburt der Venus (beide in den Uffizien), und war von einem Aufenthalt in Rom zurückgekehrt, wo er an der Ausmalung der Sixtinischen Kapelle beteiligt gewesen war.
Dieses Bild strahlt jedoch eine völlig andere Atmosphäre aus als die Geburt der Venus. Zwar handelt es sich um ein religiöses und kein weltliches Thema, doch könnte Johannes der Täufer mit weniger Kleidungsstücken dargestellt sein (wie auf Botticellis ein Jahrzehnt zuvor entstandenem Heiligem Sebastian in der Gemäldegalerie). Auch verbirgt die Jungfrau ihre Brust, die sie drückt, um das Christuskind zu stillen – ganz im Gegensatz zur nackten Venus, die großen Anteil an Botticellis Ruhm besaß.
Der Maler und seine Werkstatt fertigten mehrere Repliken der Geburt der Venus an, in denen nur die Venus vor einem schwarzen Hintergrund zu sehen ist. Eine dieser Werke wird ebenfalls in der Gemäldegalerie aufbewahrt (Abb. S. 343). Doch die Zeichen standen auf Wandel, vor allem in Florenz, wo man feststellte, dass die ungebremste Verherrlichung einer heidnischen Antike, die im Zentrum der Renaissancekunst stand, mitunter christlichen Moralvorstellungen zuwiderlief.
Zu dieser Zeit begann Botticelli damit, asketische Figuren (den Täufer) und ernste Gesichter (Johannes der Evangelist, erkennbar an dem Adler dahinter) zu malen oder nackte Haut zu verbergen (Marias Brust). Kurze Zeit später sollte er einige Tafeln mit nackten Frauen, die er in vorangegangenen Jahren gemalt hatte, mit eigenen Händen verbrennen und dem strengen Regiment folgen, dass der Dominikaner Girolamo Savonarola 1494 in Florenz eingerichtet hatte.
Dieses Bild entstand jedoch zu einem früheren Zeitpunkt. Hier ist Botticelli immer noch der Maler der Primavera, der Pflanzen und Blumen mit der Präzision eines Botanikers wiedergibt. Auch sind die drei Nischen hinter den Heiligen nicht in Stein ausgeführt, wie in der Sacra conversazione üblich, sondern bestehen aus Laub. Diese einzigartige Entscheidung ist von besonderer Bedeutung und wird von der Inschrift im Spruchband an der Vase im Hintergrund deutlich. Die Sprüche stammen beinahe ausnahmslos aus dem Buch Kohelet und wurden im 15. Jahrhundert bei Gebeten an die heilige Jungfrau rezitiert. Sie behandeln das Pflanzen von Bäumen, insbesondere von Palmen, Zedern, Zypressen und Olivenbäumen – die vier Holzarten, aus denen nach Ansicht des Theologen Hugo von St. Viktor aus dem 12. Jahrhundert das Kreuz Christi gefertigt war. Die Lilien auf dem Thron Mariens verweisen auf deren Jungfräulichkeit, zugleich symbolisiert durch die Vegetation im Hintergrund: Es handelt sich ohne Zweifel um einen Garten, einen geschlossenen Garten, so wie Maria Jungfrau geblieben und von keinem Mann berührt worden ist. Die Gleichsetzung der Jungfrau Maria mit einem Hortus conclusus (verschlossener Garten) war für die zeitgenössischen Betrachter deutlich, es ist jedoch unwahrscheinlich, dass jemand, der die Inschriften nicht kannte, in der Lage war, deren
Sinn zu verstehen. Die volle Bedeutsamkeit des Altarbilds erschloss sich demnach nur wenigen.
In diesem Altarbild zeigt sich Botticelli daher sowohl expressionistisch – in den Gesichtsausdrücken, die seiner üblichen Malweise entsprechen – als auch symbolistisch, in der Auswahl der Pflanzen im Hintergrund (dass zwei Heilige mit gleichlautendem Namen Johannes dargestellt sind, ist ebenfalls kein Zufall, da der Auftraggeber den Vornamen Giovanni trug). Die überragenden Fähigkeiten des Malers spiegeln sich nicht nur in der Präzision wider, mit der er die Vegetation wiedergibt: Im Zentrum ist im Vordergrund eine kleine Tafelmalerei vor ein Gefäß, ebenfalls ein Symbol der Jungfrau, gestellt. Sie zeigt eine Kreuzigungsszene auf blauem Hintergrund und scheint nicht dem Bildraum des Gemäldes anzugehören: Entgegen der Vase wirft die Tafel keinen Schatten auf die Brüstung im Vordergrund. Sie wirkt wie die Tür eines echten Tabernakels, das sich quasi im Altarbild befindet und dem man Hostie und Wein – den Leib und das Blut Christi – entnehmen kann.
Am einstigen Aufstellungsort des Altarbilds, die erste Kapelle auf der linken Seite des Chorumgangs von S. Spirito, besaß dieser Trompe-l‘OEil-Effekt sicherlich eine noch stärkere Wirkung.
Ein letztes Detail wurde bislang wenig beachtet: Auf der kolorierten Marmorplatte zur Linken des Marienthrons erkennt man deutlich ein männliches Profil, das von einem Lorbeerkranz gekrönt ist. Es handelt sich entweder um eine freie Kopie nach einer antiken Medaille oder das idealisierte Porträt eines Humanisten, wenn nicht gar des bekanntesten Bewunderers der Antike in Florenz, Lorenzo il Magnifico. Diese Frage bedarf zu ihrer Klärung noch weitere Studien.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019
Material/Technik
Pappelholz
Maße
185 x 180 cm
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- Gemalt ...
+ wer: [Sandro Botticelli (1445-1510)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=1504) [wahrsch.]
+ wann: 1484-1485 [circa]
+ wo: [Italien](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=oak&ort_id=197)
- Beauftragt ...
+ wer: [Bardi (1431-1488)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=168789)
- Gekauft ...
+ wann: 1829
- Wurde abgebildet (Akteur) ...
+ wer: [Johannes (Evangelist)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=17081)
- Wurde abgebildet (Akteur) ...
+ wer: [Johannes der Täufer](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=7364)
- Wurde abgebildet (Akteur) ...
+ wer: [Jesus Christus (-4-30)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=5196)
- Wurde abgebildet (Akteur) ...
+ wer: [Maria (Mutter Jesu)](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=people&id=7286)
## Links/Dokumente
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## Schlagworte
- [Adler](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=2393)
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- [Evangelist](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=16102)
- [Gemälde](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=266)
- [Heilig](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=1721)
- [Schreibtafel](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=8804)
- [Spruchband](https://smb.museum-digital.de/index.php?t=tag&id=38390)
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Stand der Information: 2021-04-02 13:27:41
[CC BY-NC-SA @ Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)
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- http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=864025&resolution=superImageResolution#1040673
- https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/15/Bardi_Berl%C3%ADn_01.JPG